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18.12.2009
Im Namen der Gerechtigkeit? von

Zehn Polizisten sollten im Duell der Dörfer für Ruhe sorgen. Doch die Gesetzesdiener verbrachten ein paar beschauliche Arbeitsstunden; auch ohne sie wäre am vergangenen Wochenende zwischen Berge- und Meiendorf alles ruhig, ja fast idyllisch, geblieben. Ohnehin hatten sich mal gerade die Unentwegten ins Stadion an der Meiendorfer Straße aufgemacht: 263 zahlende Zuschauer – wenige nur für die Neuauflage des oft so bezeichneten „Skandalspiels“ vom 19. September. An jenem Tag ging es zwischen den Dörfern weniger harmonisch zu: Nach einer Unachtsamkeit des Schiedsrichters Markus von Glischinski entglitt das Spielgeschehen: Rudelbildungen, drohender Spielabbruch, drei Rote Karten nach Tätlichkeiten und noch eine Gelb-Rote obendrauf, zwei der Coaching-Zone verwiesene Trainer und ein sportjuristisches Nachspiel – irgendwo zwischen Komödie und Drama angesiedelt – dokumentieren die Brisanz des Spiels. Das Verbandsgericht des HFV hatte der Berufung des Meiendorfer SV „vollumfänglich stattgegeben“ (nach zunächst abgelehntem Protest vor dem Sportgericht) und das Spiel neu angesetzt.

Zurück in den Dezember: Wie gesagt, die Neuauflage war ein normales Fußballspiel. Es war sogar ein ansehnliches Fußballspiel. Der Buchholzer Sascha Thielert wird in seinem Schiedsrichterleben schon anstrengendere Arbeitsstunden erlebt haben, denn trotz Roter Karte in der Schlussminute gegen Phillipp Pettersson: Dieses Spiel blieb in Sachen Fairness absolut im Rahmen. Damals, im September, soll diese Fairness, so meinen die Meiendorfer, mit Füßen getreten worden sein. Und so stellte Carlos Flores, an jedem der drei Tore zum 3:1-Erfolg im Wiederholungsspiel maßgeblich beteiligt, mit Genugtuung fest: „Heute hat die Gerechtigkeit gesiegt.“ Die Punkte, die einst, nach dem 2:4 im „Skandalspiel“, verloren schienen, gehören nun unwiderruflich dem MSV. Was Hamburgs Fußballer des Jahres mächtig auf die Palme brachte: „Es ist unglaublich, durch so ein Urteil zu verlieren“, ärgerte sich Deran Toksöz. „Unfair, dass Meiendorf so ein Theater gemacht hat.“ Toksöz selbst war übrigens der Stein des Anstoßes für den Protest. Er soll Sebastien Mankumbani der Ausführung eines dem MSV zugesprochenen Freistoßes zuvor gekommen sein.

Das Urteil des Verbandsgerichts beschreibt die dazugehörende Szene so: „In der 56. Spielminute beim Spielstand von 1:2 gab der Schiedsrichter für den Berufungsführer einen Freistoß… Bevor der de Freistoß ausführende Spieler des Berufungsführers den Ball zur Freistoßausführung hinlegen konnte, spielte ein Spieler vom FC Bergedorf den Ball zu einem Mitspieler, der sodann ein Tor für den FC Bergedorf zu(m) 1:3 erzielte. Der Schiedsrichter erkannte die Torerzielung als korrekt an.“ Nun hatte eben dieser Schiedsrichter, der Eilbeker von Glischinski, im verhandelten Protest vor dem Sportgericht zu Protokoll gegeben, dass der Ball „von einem Spieler des Berufungsführers mit dem Fuß… als Freistoßausführung gespielt wurde. Erst dann sei ein Spieler des FC Bergedorf an den Ball gekommen.“ Doch in zweiter Instanz, vor dem Verbandsgericht, korrigierte sich der Schiedsrichter dahingehend, dass er „nur vermutet (habe), dass der Ball ordnungsgemäß ins Spiel gebracht worden sei. Er habe sich möglicherweise geirrt“, hieß es nun.

Zeugenaussagen bestätigten in der Verhandlung die Wahrnehmung des MSV: dass nämlich der Bergedorfer Deran Toksöz dem Meiendorfer Sebastien Mankumbani den Ball abgeknöpft haben soll, bevor dieser den Freistoß ausführen konnte. Weiter im Wortlaut des Verbandsgerichtsurteils folgte daraus: „Der Schiedsrichter hatte nicht über Tatsachen, die er selber festgestellt hatte, entschieden. Er… ging davon aus, dass der Ball korrekt ins Spiel gebracht worden sei. Hieraus entschied er auf eine korrekte Torerzielung. Damit aber liegt keine Tatsachentscheidung des Schiedsrichters vor, sondern eine falsche Schlussfolgerung. Er ist daher einem Rechtsfehler unterlegen. Ein solcher ist nach DFB-Recht ein Regelverstoß, der der Überprüfung durch die Gerichte unterliegt und keine Tatsachenentscheidung…“
Dieser Regelverstoß, argumentierte das Verbandsgericht, habe das Spiel „kausal beeinflusst.“ Denn: „Bei einem Spielstand von 1:2 in der 56. Minute ist es durchaus mit hoher Wahrscheinlichkeit möglich, dass das Spiel ohne die durch den Regelverstoß ermöglichte Torerzielung unentschieden oder zu Gunsten des Verhandlungsführers ausgegangen wäre.“

Also sollte es ein Wiederholungsspiel sein, doch es bleibt fraglich, ob in diesem Falle gerecht ist, was Recht ist. „Ich halte das Urteil immer noch für eine Fehlentscheidung“, äußerte Bergedorfs Trainer Manfred Nitschke nach dem Spiel gegenüber hafo.de und führte als Beispiel das WM-Quaifikationsspiel zwischen Frankreich und Irland an: Thierry Henry stieß für Frankreich das Tor nach Südafrika mit einem klaren, absichtlichen Handspiel auf. Hatte Henry den Ball korrekt im Spiel gehalten? Zweifellos nein! Lag eine kausale Beeinflussung des Spiels vor? Keine Frage, ja! Hätte Irland in seiner Sache glaubwürdige Zeugen aufbieten können? Millionen! Ist es wahrscheinlich, dass das Spiel ansonsten zu Gunsten Irlands ausgegangen wäre? Aber ja!

Uefa-Schiedsrichter Martin Hansson hatte Henrys Handspiel offenbar nicht gesehen, war also, wie von Glischinski, nicht in der Lage über von ihm selbst festgestellte Tatsachen zu entscheiden und hatte – von Glischinski lässt grüßen – falsch schussgefolgert, dass der Ball korrekt im Spiel gehalten worden sei. Folgt man unserem Verbandsgericht in Sachen Meien-/Bergedorf, so müsste der schwedische Referee „einem Rechtsfehler unterlegen“ gewesen sein. Doch Irland muss mit dieser Fehlentscheidung leben – und Irland lebt mit dieser Fehlentscheidung. Ist das gerecht? Nein. Ist das gerechtfertigt? Im Sinne des Spiels: Ja. Denn die Problematik einer klaren Abgrenzung von Tatsachenentscheidungen und Regelverstößen ist das eine. In Erklärungsnotstände geraten die Sportgerichte aber spätestens dann, wenn die Schiedsrichter im Prinzip alles, was auf dem Platz passiert, gesehen haben müssen, um nicht „falschen Schlussfolgerungen“ zu Angriffsfläche für Widersprüche zu bieten.

An dieser Stelle soll keine Sportjuristerei betrieben werden – doch eines ist unstrittig: Zu diesem Thema kann man geteilter Meinung sein. Selbst wenn Toksöz, was dieser abstreitet, Mankumbani der Ausführung des Freistoßes zuvorgekommen ist, es fällt angesichts des zumindest streitbaren Urteils schwer, dem Meiendorfer Standpunkt zu folgen, dass nun Gerechtigkeit hergestellt worden sei. Jedes Wochenende werden Fehlentscheidungen gefällt; Offizielle und Spieler täten gut daran, gelassener damit umzugehen und als Teil des Spiels zu betrachten. Vielleicht ist das die Art von Fairness, die meist nur dann eingefordert wird, wenn man selbst gerade der Benachteiligte ist. Oder geht es auf unseren Fußballplätzen neuerdings so feinfühlig zu, dass die von einer Fehlentscheidung profitierende Mannschaft im Namen der Gerechtigkeit aufbegehrt? Eine Ausnahme bestätigt hier die Regel: Vor ein paar Jahren protestierte Palomas Jan Illmer einmal bei Schiedsrichter Paul Dühring gegen einen abenteuerlichen Elfmeterpfiff FÜR seine Mannschaft. Philipp Richter ließ es sich trotzdem nicht nehmen, den Elfmeter zu verwandeln. Warum auch? Der Schiedsrichter entscheidet, mal falsch, meist richtig. Punkt.

Auch unter uns hafo-Redakteuren gibt es keinen Konsens in der Frage, ob die Spielwiederholung nun gerechtfertigt gewesen ist oder nicht. Vielleicht wird an dieser Stelle sogar eine Minderheitenmeinung vertreten. Schließen wir mit der Manfred Nitschke, der angenehm differenziert nach dem verlorenen Wiederholungsspiel in der Niederlage Haltung wahrte: „Auch wenn ich das Urteil, das nicht Meiendorf, sondern das Verbandsgericht zu verantworten hat, für eine Fehlentscheidung halte: Es ist müßig darüber zu diskutieren. Es ging um drei Punkte, und es ist ärgerlich, dass wir sie verloren haben.“ So ist es, um mehr geht es ja gar nicht.



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