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08.06.2016
Regionalliga-Relegation: Altona erleidet den doppelten Elfer-Schock von Mirko Schneider



vs.


1. FC Germania Egestorf-Langreder – Altona 93 2:1 (1:0)

1. FC Germania Egestorf-Langreder: Straten-Wolf – Gaida, Waldschmidt, Ratzsch, Schikora – Stieler, Siegert (84. Bassler) – Engelking, Baar (63. Kelle), Bönig (87. Baranek) – Beismann
Altona 93: du Preez – Aug, Buchholz, Shields, Sachs – Pfeifer, Körner – Segedi (46. Trenel/90.+3 Ledesma), Brügmann, Niemeyer – Kranich
Tore: 1:0 Beismann (29., Vorarbeit Siegert), 1:1 Buchholz (90., Brügmann), 2:1 Beismann (90.+4., Handelfmeter)
Gelb-Rot: Engelking (86., Germania, Foul/Zeitspiel)
Schiedsrichter: Tim Skorczyk (Salzgitter): Sollte er seinen Enkelkindern je von einer schlechten Partie berichten wollen, würde seine heutige Leistung ausreichend Gesprächsstoff bieten. Abenteuerlich kleinliche Spielleitung. Der Freistoß vor dem 1:0 war so zweifelhaft wie der Strafstoß vor dem 2:1, auch der Platzverweis für Germania wirkte überzogen. Benachteiligte Altona 93 in der Summe seiner meist seltsamen Entscheidungen.
Beste Spieler: Beismann, Waldschmidt – Segedi, Aug
Zuschauer: 1200

Altonas Manager Andreas Klobedanz saß im Stadion-Bistro des 1. FC Germania Egestorf-Langreder. Alleine. Er starrte ins Nichts und das Bild erinnerte ein wenig an das berühmte Foto von Berti Vogts nach dem WM-Aus 1994 gegen Bulgarien. Ein trauriger Mann an einem leeren Tisch. 20 Minuten war das Drama um den Hamburger Oberligisten Altona 93 da bereits alt. Als Klobedanz mit den Journalisten sprach – erstaunlich gefasst – stellte er den Fußball-Historikern eine gute Aufgabe: „Jemand sollte mal nachforschen, ob es das, was heute passiert ist, schon einmal gegeben hat. Ich glaube, das ist einmalig in der Geschichte des Amateurfußballs.“ Zwei in der Aufstiegsrunde zur Regionalliga Nord zeitgleich in der Nachspielzeit verhängte Elfmeter auf zwei Plätzen, die jeweils zu Siegtreffern führten und den Aufstieg entschieden – das dürfte wirklich einmalig sein. Aus Hamburger Sicht: Einmalig schlimm. Einmalig furchtbar. Einmalig grausam.

„Es ist einfach ein Witz. Wir waren haushoch überlegen heute, waren in allen drei Spielen die bessere Mannschaft, haben hinten kaum was zugelassen. Wir hätten den Aufstieg verdient gehabt“, sagte Altonas Innenverteidiger Ronny Buchholz. Und traf damit voll ins Schwarze. Vom so hoch gelobten niedersächsischen Vertreter war nämlich über die gesamte Spielzeit kaum was zu sehen. Spielerisch endeten die Bemühungen der Germanen (Egestorfianer? Langredinger?) so gut wie immer 30-40 Meter vor dem Tor mit einem langen, viel zu weit gespielten Ball auf die Außen. Dann hieß es Ballbesitz, Einwurf oder Abstoß Altona. Der Heimverein war zweikampfstark, kopfballstark, laufstark – und im Offensivspiel erbärmlich schwach. Altona ließ Ball und Gegner gut laufen, entzückte die 300 mitgereisten und wieder sehr lautstarken Fans mit ein paar guten Ballstafetten. Offensiv fehlte jedoch die große Durchschlagskraft. Wenn allerdings was ging, dann ausschließlich über die rechte Seite. Der sehr agile Jan Luka Segedi brach in der zehnten Minute durch und Stürmer Marc-Kemo Kranich verpasste seine flache Eingabe knapp. In der 21. Minute schickte Segedi Felix Brügmann auf die Reise, der wieder flach in die Mitte passte. Kranich traf den Ball nicht voll, Hannes Niemeyer am langen Pfosten kam zu spät. Kurz vor dem Pausenpfiff flankte Segedi auf Kranich, dessen artistischer Fallrückzieher am langen Pfosten vorbeistrich (45).

Zu diesem Zeitpunkt stand es aber schon 1:0 für die Gastgeber. Und das kam so: Ein langer und mal wieder zu weiter Ball auf die linke Außenposition wurde von einem Germanen so eben noch erlaufen. Laurel Aug lief neben diesem her und ohne großen ersichtlichen Grund setzte sich der Spieler des Heimvereins auf den Hosenboden. Er kriegte den Freistoß, den er wollte. Joshua narrte dann leider Joshua, denn Ersterer (Siegert) flankte und Letzterer (Altonas Keeper du Preez) unterlief den Ball. Christoph Beismann köpfte am langen Pfosten ein, Buchholz klärte per Kopf erst hinter der Linie (29.).

Zur Pause nahm Berkan Algan dann einen überraschenden Wechsel vor. Für Segedi brachte er Kevin Trenel. „Segedi hatte Geschwindigkeitsprobleme. Wir wollten mehr Druck machen und haben das in der zweiten Halbzeit auch gemacht. Wir spielten da variabler und besser“, erklärte Manager Andreas Klobedanz. Dem Einwand, Segedi habe immerhin zweieinhalb Chancen vorbereitet, was dem sichtlich bemühten und bis zur Grundlinie durchaus passablen Trenel nicht gelang, wobei Altona zwischen Minute 46 und 70 überhaupt keine Tormöglichkeit mehr hatte, widersprach „Klobe“: „Wir haben aber durch unseren Druck den Gegner müde gespielt.“

Dieser Gegner hatte nur noch in der 56. Minute der regulären Spielzeit eine Torchance, als Siegert per Freistoß Kapitän Marek Waldschmidt bediente, der vorbeiköpfte. Ansonsten spielte tatsächlich Altona 93, jedoch nun mit vielen langen Bällen aus dem Halbfeld operierend. Meist waren sie eine sichere Beute der Germanen-Abwehr. In der 70. Minute aber sah das anders aus. Einen langen Diagonalball von Laurel Aug legte Hannes Niemeyer per Kopf in die Mitte auf Philipp Körner. Der drosch aus vier Metern per Dropkick drüber.

Das war das Signal zum Angriff. Jetzt drückte Altona vehement, angefeuert von den Fans in der Kurve neben dem Tor, auf den Ausgleich. Kranich setzte einen Aufsetzer über das Tor (74.), Körner Schuss wurde zur Ecke abgelenkt (79.). Alle, die es mit Altona hielten, schauten stets abwechselnd auf den Ticker aus Eichede – wo es 1:1 stand, was Altona ja gereicht hätte – und aufs Feld.

Und dann passierte es. Jakob Sachs chippte eine Ecke in den Strafraum. Im Gewühl kam Brügmann an den Ball, wurde geblockt, das Leder zischte zu Buchholz und der knallte es trocken aus 7 Metern rein (90.). Eruptiver Jubel in Schwarz-Weiß-Rot. 1:1! Der Aufstieg war vollbracht, die T-Shirts konnten rausgeholt werden. Was sollte jetzt noch schiefgehen?

Leider eine ganze Menge. In der vierten Minute der Nachspielzeit, bei der letzten Offensivaktion der Gastgeber, wurde Buchholz aus kurzer Distanz am Arm angeschossen. Schiedsrichter Tim Skorczyk zeigte auf den Punkt. Ein Elfmeter, den selbst einige Egestorfer Fans als fragwürdig ansahen. Aber wer so gut wie alles pfeift, der pfeift eben auch das.

Beismann war noch dabei, sich den Ball hinzulegen, da schrien einige Leute mit Blick auf ihre Handys, es gebe auch Elfer in Eichede. Die folgenden Sekunden waren an schlimmster Folter für Altona 93 nicht zu überbieten. Beismann lief an und traf in die rechte Ecke souverän zum 2:1. Skorczyk pfiff sofort ab. Ein paar Sekunden später wurde Eichedes 2:1 gemeldet. Noch ein paar Sekunden danach der Schlusspfiff in Eichede.

Für drei Viertel des Stadions begann nun die scheinbar ekstatische Feier, die sich nach wenigen Minuten in eine eher gemütliche Gesprächsrunde mit den Spielern auf dem Platz verwandelte. Altona 93 versank – hier sei einmal eine Plattitüde erlaubt – ganz tief im Tal der Tränen. Beim Pokalfinale gegen Norderstedt fehlten zwei Minuten zum Sieg, nun nur wenige Sekunden zum Aufstieg. Einige Spieler sackten zusammen und blieben wie regungslos auf dem Boden liegen, andere starrten – wie später ihr Manager im Bistro – mit leerem Blick ins Niemandsland. Minutenlang war das Bild wie eingefroren. Die Journalisten drum herum trauten sich einige Zeit gar nicht, irgendwen anzusprechen. Irgendwie spürte jeder, dass es die Pietät jetzt verbot. Scheiß auf journalistische Objektivität, am liebsten hätten wohl manche von uns (meine Wenigkeit auf jeden Fall!) jeden einzelnen Spieler in den Arm genommen.

Schließlich folgte der Gang zur Fankurve. Altonas Fans reagierten überragend, feierten die Mannschaft für ihre starke Partie. Trotzige Rufe wie „Dann eben nächstes Jahr“, gepaart mit donnerndem Applaus, regierten die Szenerie. Berkan Algan stellte sich mit in die Höhe gestreckter rechter Faust vor die Fans, seine letzte kämpferische Geste an diesem Abend. Als er sich umdrehte, kämpfte der sonst so wortgewaltige Coach mit den Tränen und verließ den Platz.

Altonas linker Verteidiger Sachs ärgerte sich über den Schiedsrichter („Das hat doch mit Fußball nichts mehr zu tun“), wollte die Niederlage aber wie Buchholz nicht nur an Skorczyk festmachen. „Fußball“, sagte Sachs, „kann an manchen Tagen so schrecklich sein. Und heute ist einer dieser Tage.“ Lieber Jakob, liebes Altona 93, das stimmt. Aber obwohl ihr euch jetzt mausetot fühlt – es kommen wieder andere Zeiten. Und da ein paar Absätze zuvor die journalistische Objektivität für diesen Bericht schon ad acta gelegt wurde: Danke für diese geile Saison und vor allem Danke für diese tolle Aufstiegsrunde. Ihr habt den Hamburger Amateurfußball mehr als würdig vertreten.

Eines noch: Fußball kann, wie ihr tief in euch drinnen wisst, auch wunderschön sein. In zwölf Monaten holt ihr eure Aufstiegsfeier nach. Und in der Saison 2017/18 wird es durch die Stadien der Regionalliga Nord schallen: „91…92…93…ALTONA!“


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